wir freuen uns wie kleine Kinder über Post

Meine liebe Lydia!

Heute erhielt ich Deinen Brief vom 1/10. Bin wieder auf Wache und es ist punkt 12 Uhr nachts. Die Posten kommen gerade vorbei und sagen, daß draußen (die meinen in Frankreich) wieder gehörig gekämpft würde. Von Raab bekam ich heute eine Karte und gestern einen Brief. Beide habe ich vorhin bearbeitet und erwidert. Du wolltest gern wissen, wie sich das mit dem Cognack verhält? Ich wollte davon jeden Tag, am besten des Abends 1 kleinen „Pin“ trinken, der gut sein soll gegen allerhand Krankheiten. Du mußt denken, die Leute, auch ich, sind die Lebensweise nicht gewohnt, liegen besonders des nachts dicht, ich meine viel auf einem Zimmer, zusammen. Unsere meisten Kranken leiden an Ruhr und da soll ein guter Kognack eh besonders gut sein zur Erwärmung des Magens. Dann wegen der Steuern! Antworte darauf, daß wir auf unserer begründeten Reklamation beharren müßten, denn wir können doch nur von dem tatsächlichen Verdienst die Steuern bezahlen. Hast Du schon etwas von Klein in der Rahmede (Maurer bei uns) gehört? Der war ja bekanntlich mit mir hierher gefahren. Ist dann der 4 Comp. unserer Batl. zugeteilt gewesen. Ist wegen Ruhrkrankheit im Lazarett gewesen, entlassen und soll dann seit derzeit spurlos verschwunden sein, wenigstens ist er zu seiner Komp. nicht wieder zurückgekehrt. Sollten die noch mal wieder wegen der Lebensversicherung schreiben, so bezahle diese. Wenn Raab meint, daß er so viel Geld erübrigen kann, kannst Du die große Lebensversicherung auch nur bezahlen, uns steht ja doch noch was zu, ich meine Raab ist uns noch was vor. Vielleicht sprichst Du mal mit Raab darüber. An Grein will ich auch noch eine kurze Gratulation senden heute. Soeben war Glörfeld noch hier bei mir, er steht in der Nähe auf Posten von der 4. Comp. aus. Wir haben uns da auf kurze Zeit noch so allerhand von zu Hause erzählt. Wie ich aus Deinem heutigen Brief ersehe, kommen meine Postsachen sehr unregelmäßig an, so geht es hier mit Deinen Sachen. Hier ist auch mancher enttäuscht, der tagelang auf eine Nachricht wartet, bringt aber dann die Post das richtige, freuen wir uns wie kleine Kinder. Die Post wird hier täglich 2mal verteilt und solltest Du man den Andrang sehen. Alte Leute, sollen Krieger sein, und dann doch noch so neugierig. Aber kann es anders sein. Vorgestern haben wir die 2te Decke empfangen und morgen müssen wir diese wieder abgeben. Die sollen für unsere Kameraden draußen dienen. Bei uns soll dann dafür eingeheizt werden. Heute wurden bei uns noch Leute rausgesucht für die Maschinen Gewehrabteilung und Krankenpflege. Deine mir zugeschickten Sachen habe ich alle erhalten. Was ich an Wäsche aber noch haben möchte, habe ich Dir bereits ja geschrieben per Karte: 1 paar feldgraue Fingerlinge, Handschuhe, 1 paar besonders dicke Strümpfe, 1 Hautjacke und Ärmelweste. Damit werde ich dann wohl in den Winter gehen können. Speckenbach hat jetzt mehr von seiner Frau bekommen und auch Paket. Daß ich vom Kriegerverein 4 und von der Feuerwehr 5 Cygarren erhielt, habe ich Dir wohl schon geschrieben, ebenso von Herberg Tabak und Cygarren. Speckenbach erhält von seinem Bruder Fritz in Bochum, unseren Vetter, sehr viel Pakete, aber der hat allerdings auch ein gutes Einkommen, soll 725 M monatlich verdienen. Das Tageblatt habe ich noch nicht bekommen, ob meine Karte an Schwermer nicht angekommen ist. Vielleicht tel. Raab das Tageblatt 1mal an. Sonst hier noch alles wohl und das hoffe ich auch von dort. Es ist jetzt ½ 2 Uhr. Sei herzlichst gegrüßt und geküßt, auch unsere Kinder, Dein Ernst.

Grüße mir Remscheids alle, auch Frau Schulte. Augenblicklich sitzen noch 2 Kameraden am Tische und schreiben. Der eine ein Plettenberger namens Arnold. Er sagte gerade: Ick wet nit, bat ich mehr schriewen sall. An Albert Rentrop habe ich übrigens geschrieben, der soll nicht fort sein, habe jedoch noch nichts von ihm retoure. Ich glaube er hat uns auch mal gesagt, er habe sich ausmustern lassen.


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