Meine liebe Lydia!
Heute empfing ich 2 Briefe (12/10 u 13/10) von Dir, 1 Brief von Egon und 1 Karte von Dir (9./10) und von Egon, sowie von Fr. Hageböck 5 Cygarren im Paketchen und von Emilz Lisette 20 Cygarren. Wie Du siehst habe ich heute allerhand bekommen. Heute auf Morgen bin ich wieder auf Wache und so die letzte Gelegenheit Deine Briefe zu erwidern. Es ist jetzt 1/1 11 Uhr. –
Vom Kriegerverein die Sachen habe ich, wie Dir mitgeteilt, bereits bekommen. Es ist tatsächlich noch Opfersinn vorhanden. Nun allerseits wird der im Felde stehenden Soldaten in hochherziger Weise gedacht. Wenn nun der Frauenverein und die Ges. Eintracht auch noch was schickt, dann dürfte jeder wohl für den Winter gut ausgerüstet sein. Schicke mir aber vorläufig noch kein Normalhemd, ich will Dir darüber erst schreiben, wenn es nötig sein sollte. Wenn Marga sich matt fühlt und blutarm aussieht oder ist, kaufe doch 1 l Milch mehr, damit Du ordentliche Milchsuppen kochen kannst. Egon hat sich doch hoffentlich auch wieder erholt. Es wird doch wohl nur eine Folge von zuviel genossenem Obst sein. Wir sind doch noch in der Krankenkasse, wenn nötig, laß Dr. Simon früh genug kommen. Hoffentlich bekomme ich über den Verlauf dann morgen oder übermorgen Nachricht. Bist Du die Ziege dann los, erzielen wirst Du nicht viel dafür. Das Paketchen welches Du gleichzeitig mit dem Briefe abgeschickt hast (mit den Füßlingen) ist noch nicht angekommen. In diesem Falle brauche ich keine andere [sic] Strümpfe mehr. Socken hast Du doch keine mehr beigepackt. Die habe ich mehr wie genug. Raab wird wohl inzwischen den ersten Brief von mir erhalten haben. Plate Eweringhausen mußte doch den Wechsel am 15 Aug, wenn ich nicht irre, decken. Auch hatte er sich verpflichtete jeden Monat oder Vierteljahr 30 M zu zahlen. Dem muß er mal kräftig schreiben. Wenn die Bauvereinshäuser soweit vorgeschritten sind, muß Adamy doch sorgen, daß das Geld auch kommt, damit wir unseren Verpflichtungen nachkommen können. Bei Ew. Schulte muß er sich am mahnen halten. Hoffentlich bekommen wie von Schröder dann auch eine größere à Conto Zahlung. Wir haben viel Geld festsitzen, sonst müssen wir nach meiner Berechnung ein gutes Geschäftsjahr gehabt haben. Haben wir bei Enders die Arbeiten für den kleinen Anbau, wovon Du mir schreibst, bekommen? –
Nun mal etwas von unserm Leben und Treiben hier. Unser Dienst hat sich wenig geändert. Haben einen sehr guten Komp. Führer jetzt. Er ist Oberleutnant und in Civil Justizrat und Rechtsanwalt in Metz. Heute morgen hatten wir eine größere Marschtour von 8 – 1 Uhr, in die Umgebung von Metz. Hierbei besichtigten wir einige Denkmäler. Er, der Oberl., erklärte uns dann noch, wie die Deutschen und Franzosen in den verschiedenen hier im Elsaß geschlagenen Schlachten sich gegenüber gestanden haben. Ich erzähle Dir mal zu Haus ausführlich davon. Unterwegs ließ er an einer Wirtschaft halten und an jeden Mann der Comp. 1 Glas Wein verabreichen. Dafür wurde dann nachher auch einmal gesungen: Unser Hauptmann, der ist gut u.s.w. Heute nachmittag wurde hier auf dem Fort einem Artillerieobersten seitens der Regimentsmusik aus Anlaß seines Geburtstages wie es heißt, ein Ständchen gebracht. Wie Du siehst, das reine Friedensbild. Heute wurde unserer Comp. wieder ein verwundet gewesener Unteroffizier aus dem Landwehr Regt. zugeteilt. Er stammt aus Düsseldorf. Hatte einen Schuß in die Schulter bekommen und ist jetzt nur noch garnisonsdienstfähig. Er war einige Tage in Urlaub gewesen, da ihm die Frau gestorben ist. Hat glaube ich 3 oder 4 Kinder. Ist infolgedessen sehr niedergeschlagen. Jetzt will ich noch 1 Kärtchen an Hageböck und an die Hohenlimburger schreiben. Mit der Post ist es doch eine unpünktliche Sache, man weiß garnicht ob man wirklich alle Karten und Briefe bekommt. Doch es ist Krieg. Sei einigen Tagen hören wir keinen Kanonendonner mehr, oder wenigstens ganz selten. Die Lage scheint ziemlich unverändert zu sein. Hoffentlich kommt es hier bald zu einer Entscheidung. Morgen mehr. Herzl. Gruß und Kuß
Dein Ernst
Egon schreibt, er hätte 4 l Preißelbeeren ganz alleine gesucht. Es scheint die Ernte dann gut ausgefallen zu sein. Hast Du von Uhlmann seinem Jungen nichts gehört, wo er steht?
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