zwischen verwilderten Blumenbeeten

Meine liebe Lydia!

Heute auch von mir einen Sonntagsbrief. Gestern Nachmittag bekamen wir doch noch die Post. Ich bekam von Dir 1 Paket mit Kuchen und Schinken, 1 Paket mit Schokolade [sic], Pfefferminz von den Hohenlimburgern und die einliegende Karte von C. Gerlach. Den Kuchen haben wir zu 4 Unteroffizieren zum Kaffee gestern Nachmittag gegessen. Er schmeckte noch ganz gut. War nur ganz auseinandergebrochen und daher krümmelig [sic] geworden. Wollte ihn eigentlich für heute Sonntag zum Kaffee verwahren, doch da man immer gewärtig sein muß, daß ein Ausmarschbefehl kommen kann, muß man immer gleich diese Sachen essen. – Heute morgen hatten wir großes Reinemachen: Strohsäcke klopfen etc. sozusagen großen Hausputz. Sonst denke ich wird wohl zur Feier des Tages kein Dienst sein. Großer Dienst kann auch schon nicht mehr angesetzt werden, da wir ständig Alarm bereit sein müssen und dann in ¼ Stunde auf der Marschstraße stehen müssen. Heute habe ich schon eine Karte an Gerlach und P. Langer geschrieben und 1 Brief an die Hohenlimburger. Es ist ¼ 12 Uhr jetzt. Haben jetzt seit gestern Nachmittag herrliches Wetter. Vor uns lag hier das Regiment 202, welches wie es heiß [sic] nach Arras gekommen ist. Die meisten Leute liegen jetzt draußen mit Hose im Garten, unter blühenden Bäumen und zwischen verwilderten Blumenbeeten. Wir haben nochmals Ersatz bekommen und sollen im Laufe der Woche noch mehr bekommen. Die Comp. wird dann fast eine Stärke von 280 – 300 Mann haben. Sie ist dann doppelt so stark wie im Januar. Gestern wurden die Untfz dem Alter nach aufgerufen. Da stellte es sich heraus, daß ich der Älteste bin. Ein Untfz ist wohl im Lebensalter 1 Jahr älter ist aber nur ¾ Jahr Untfz, ist erst während des Krieges befördert worden. Letzterer war auch bisher stellvertretender Zugführer, muß aber infolgedessen das Amt einem Älteren überlassen. Morgen habe ich Comp. Dienst. Im übrigen haben wir die Tage es hier sehr gut gehabt. Schlafen jetzt Abends zehn bis morgens 7 Uhr und kann man sich wenigstens gut ausruhen. Gestern bekamen wir die Wäsche gebracht. Gleich umgezogen und die alte abgegeben. So vor und nach wird dann wohl alles Ungeziefer verschwinden. Ich habe noch nichts wieder gespürt. Ob Italien dann nun noch gegen uns geht, das Volk soll ja gegen den Krieg demonstrieren. Vorgestern sandte ich M 15,- ab. Die Comp. verschickte annähernd 500 M an Löhnungsgeldern in die Heimat. Allerhand, was? Das Paket mit Wäsche soll dann doch wohl nicht mehr ankommen. Dem zweit abgesandten wird es dann auch wohl so gehen. Sonst nichts Neues. Hoffe, daß Ihr noch alle wohl auf seid, wie bei mir. Werde dann wohl etwas von Dir bekommen. Grüße Elly und Remscheids. Gruß und Kuß auch für unser l. Beiden. Besonders sei Du herzlichst gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Wenn möglich morgen mehr. Wegen dem Fahrrade habe ich mal an Emil geschrieben. Eben heißt es: Essen holen raus, soll mich wundern, was es giebt. Gestern hatten wir Grünerbsen mit Rindfleisch. Wünsche dann auch Dir: Guten Appetit.


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