Wir sind ein Zahn in einer großen Maschine

Meine liebe Lydia!

Gestern bekam ich mit der Post Deinen Brief vom 20 ds Mts und Egons Karte. Heute bekam ich Dein Paketchen mit Butter, Chokolade und Zwiebrühe [sic], ebenso das 2te Paket von Muhle mit Suppenwürfeln und mindestens 1 vtl [= viertel?] Plockwurst. Über die Muhler muß ich mich wirklich wundern, denn man muß bedenken, daß von der anderen Seite doch auch 4 Mann im Felde stehen. Die Butter war noch ganz schön erhalten. Diesen morgen sind wir mal wieder auf 3 Tage nach hier gekommen. Liegen aber jetzt auf einem Gehöfte etwas von dem eigentlichen Dorfe entfernt, auch in Baracken. Die Urlauber, die gestern fahren sollten, sind noch bis zum 28ten zurückgehalten worden, da die Transporte Regimentsweise erfolgen. Es soll auch wie es heißt auch noch 2 Tage für die Fahrt zugegeben werden. Schröter Lüdenscheid, der in der alten Schützenhalle wohnt, ist in Urlaub. Speckenbach sagte, den ich heute morgen besuchte, daß er bei der 4.Rate sei, dürfte demnach ungefähr im halben August heim. Nun zu Deinem Briefe. Heinrich wird es dann wohl ohne Frage gelingen, daß er nicht eingezogen wird. Soll mich auch wundern, ob sie Schlüter mit seinen schlechten Augen halten. So nötig ist es doch nicht, wie Du meinst, mit dem einrichten. Gewiß es giebt und sind allerhand Aufgaben die Du mir da aufzählst. Davon können und werden wir auch wohl am besten die Lebensversicherung ausfallen lassen. Ich dachte auch, man sollte auch wegen einer Mietsbeihülfe, wie es ja andere auch tun, bei dem Amte Lüdenscheid einkommen. Vielleicht sprichst Du mal mit Schulte, wenn Du das Geld abholst. Oder wenn Raab vor mir noch einmal Urlaub bekommen sollte, könnte der sich ja mal darnach befragen, da er es für sich gewiß auch verwenden kann. Oder Du sprichst mal mit Wilh. darüber. Sieh mal zu, ich weiß auch nicht wie das am besten in die Weg zu leiten ist. Was Lemmer da und auch Feldmann, in der Rahmede als Mängel festgestellt haben, ist einfach lächerlich. In diesem Falle hat Raab doch Recht, die hohl gemauerten Teile sind durch Luftschichtanker befestigt und werden immer voll bezahlt. Ich weiß ja nicht, ob Raab direkt ohne mich mit zu befragen auf den Brief antwortet, sonst wollen wir Ihnen, dem Bauverein, am besten schreiben, vorläufig könnten wir nichts in der Sache tun und möchten erst mal den Krieg abwarten. Am besten wäre es schon, wenn Wengenroth einfach die Sache hinwerfen würde. Hast Du denn Klara gesagt, ich schickte garnichts? Wissen wird sie es doch wohl, denn Aug. Inacker ist gut mit Raab befreundet. Heute oder morgen schicke ich auch noch mal 30 oder 35 M. Mach Dir nur keine Gedanken, kommt Zeit, kommt Rat. Bis jetzt haben wir immer noch früh genug sorgen können. Im Geschäft wird doch auch noch was einkommen und ewig wird und kann der Krieg doch nicht dauern. Viele Leute sind noch übler dran als wir. – Ob wir vordringen, weiß ich wirklich auch nicht. Es sollen Truppen angekommen sein, wo die aber sind weiß ich wirklich auch nicht. Wir sind ein Zahn in einer großen Maschine und wenn die sich in Bewegung setzt müssen wir auch mit. Jetzt wirst Du aber nicht mehr sagen können, ich schrieb kurze Briefe! Deinen Ruf in Urlaub zu kommen, möchte ich nur zu gerne Folge leisten, aber – und das Trennungsweh und Du willst mich nicht gehen lassen, ja Kind, das wird und ist mir auch damals schon schwer geworden. Wenn das harte „muß“ nicht wäre, ich hätte es auch nicht fertig gebracht. Nun genug für heute. So Gott will morgen mehr. Grüße mir unsere lieben Beiden und sei Du, Allerbeste, besonders herzlichst gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Es ist gleich 4 Uhr nachmittags . Eben ist Gewehrapell gewesen und jetzt ist die Comp. zum Baden. Morgen ist Sonntag und ist wahrscheinlich Gottesdienst. Ich es sind schon bald 6 Wochen her als wir zum letzten Mal Gottesdienst hatten. Die vergangene Nacht verlief ziemlich ruhig. Verluste hatten wie weiter keine.
Die Gaze, die Du mir zum Zudecken geschickt hast, bewährt sich. Wir haben soviel Fliegen überall wie die Euren zu Hause in der Küche. Den Schwarm kannst Du Dir denken. Jetzt will ich den Muhlern noch 1 Kärtchen schreiben und den Empfang bestätigen und dann noch vielleicht noch einen Brief für die Hohenlimburger.
Speckenbach will mich auch noch nachher besuchen.


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