Vor mir einen gezimmerten Tisch

Meine liebe Lydia!

Heute sind wir den 2ten Tag in Reserve. Morgen früh kommen wir wahrscheinlich in vorderste Linie. Heute morgen habe ich geschlafen bis 9 Uhr. Habe mich dann gewaschen, gefrühstückt: Büchsenfleisch, Salzkartoffeln und halbgekochten Kaffee. Soeben hatte ich Besuch. Speckenbach war hier, revidierte die Telefonleitungen. Er erzählte mir, daß seine Frau bei Dir gewesen sei. Auch das [sic] Husberg wieder zurück von seinem Kommando sei. Schrieb ich Dir schon, daß ich vorgestern am Grabe von Teutemann war. Er ist mir doch teurer geworden, wie ich selbst gedacht. Ich empfand dies erst so recht in stummer Zwiesprache an seinem Grabe. Speckenbach brachte mir auch das Erinnerungsblatt mit. Die Post hatte gestern Abend nur die Karte von Fritz für mich. Habe diese gleich beantwortet. Sonst Neues wüßte ich nicht zu berichten. Laut Regimentsbefehl ist es verboten, Ortsbezeichnungen in den Postsachen anzugeben, auch brieflich müßen [?] Ortsaufenthalt anzugeben [Aussage unklar]. Wahrscheinlich werden Truppenverschiebungen vorkommen und dürfte der Befehl damit zusammenhängen. An Langer im Lazarett Maschen will ich auch noch ein Kärtchen schreiben und ihm meine Beförderung mitteilen. Ich sitze augenblicklich auf einer Bank hier im Walde. Vor mir einen gezimmerten Tisch. Es ist herrliches Wetter. Wenn der Krieg nicht wäre, könnte man es Sommerfrische hier betrachten. Soll mich wundern, was Ra auf meinen Brief schreibt. Habe ihm geschrieben, daß mit dem Briefe (meinem) die Geschäfte erst ausgeschrieben betrachtet würde, meinerseits. Bezüglich der Differenzen habe ich ihm geschrieben, daß ich ihm schon öfter gesagt hätte, er möchte mir dann die Kasse allein überlassen, nur dann könnte ich für alles aufkommen. Nur er hätte mit Dir mehr besprechen können, weil er mir auffallend wenig berichtet hätte, u.s.w. Nun Schluß. Morgen so Gott will mehr. Herzl. Gruß und Kuß, auch für unsere Kinder
Dein Ernst
Gruß an Elly und Remscheids.


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