Kartoffelsalat und Gulasch

Meine liebe Lydia!

Wie ich Dir bereits gestern durch die Karte1 mitteilte, werden wir verlegt und wie unser Hauptmann sagte, nach dem Osten. Morgen Mittag, den 27. sollen wir marschbereit stehen. Es gehen von unserer Comp. 11 Unteroffiziere (Speckenbach geht auch mit) und sämmtliche [sic] felddienstfähige Mannschaften. Die Offiziere gehen nicht mit, wie es heißt. Ist deshalb anzunehmen, daß wir als Besatzungstruppen zu einem andern Regimentskommando kommen. Wie gesagt, bestimmt weiß man eben nichts, aber ich vermute es. Mit der Post wird es wohl in den nächsten Tagen hapern. Sobald ich irgendwo kann, lasse ich Dir Nachricht zugehen und gebe Dir auch meine richtige Adresse an, im Falle die sich verändert. Die hier noch eingehende Post wird uns nachgesendet werden. Komme es nun mal, wie es will, mach Dir keine Sorgen, denke daß neben mir noch so viele andere dasselbe Los zu tragen haben. Gott hat so weit geholfen und wird auch weiter helfen. – Nun mal etwas von unserer Weihnachtsfeier am heiligen Abend. Um 4 Uhr N. hatten wie eine erhebende Feier gemeinschaftlich, d.h. alle hier anwesende Inf. und Art. in der Reitbahn, wo sonst der Gottesdienst abgehalten wird. Die Gesangvereine trugen Weihnachts- und andere passende Lieder vor. Dann hielten die Pastoren beider Konfessionen packende Reden. Den Schluß bildete dann das gem. Lied O. d[u] fröhl[iche], O du sel[ige] Dann sprach der Oberstleutnant ein knappes Schlusswort: „Kameraden, Seid deutsche Männer, erzieht deutsche Kinder und nun laßt es Euch gut gehen.“ Dann war die Feier beendet. Im Fort wurde dann Kartoffelsalat und Gulasch geboten. Hierauf feierten die Korporalschaften unter sich. Beim Lichterbaum sangen wir dann Weihnachts- und Heimatlieder. Die Comp. hatte 200 l Bier gespendet und jeder bekam ein Messer mit Inschrift. Um 12 Uhr war die Feier beendet. Am 1. Feiertag um 9 Appell. Tags vorher waren wir für die Bahnschutzwoche eingeteilt. Es wurde uns bekanntgegeben, daß wir uns zum Abmarsch zur Wache bereit halten sollten, jedoch wahrscheinlich nicht hingingen. Bis dann kurz nachher der Befehl, wir rückten aus. Dann hatten wir noch ein paar mal Appell um Ergänzung aller Sachen. Heute ist wieder derselbe Dienst. Alles geht kunterbunt durcheinander. Ein Weihnachten der auch nie vergessen wird, wie ganz anders als sonst die Jahre! Heute ist schon Landsturm hierein gekommen, 66er. Artillerie ist alle fort. – Heute morgen 3 Paketchen erhalten, schicke Dir einiges mit dem großen Paket zurück. Eine Karte vom 18. von Dir, von Otto Tr. und Fr. Wilke erhalten. Ich habe alles fertig gepackt und kann die Reise in Gottes Namen losgehen. Morgen wird Dir ein letzter Gruß von hier noch zugehen können. Grüße Alle, besonders unsere lieben Kinder und sei Du, Allerliebste, herzlichst gegrüßt und geküßt, Dein Ernst.

Schade mit dem Urlaub, das wird nun wohl nichts geben. Dann kommt hoffentlich der große Urlaub.


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