ein Stück vom Kriege gesehen

Meine liebe Lydia!

Jetzt zur Beantwortung Deiner gestrigen Briefe folgendes: So hast Du dann doch auch mal einige Gefangene und somit ein Stück vom Kriege gesehen. Den Hagener Gang hätte ich gerne mit nach Hohenlimburg gemacht. Es freut mich, daß er Euch gut soweit bis auf die müden Beine bekommen ist. Besprich mit Wilhelm die Steuerangelegenheit. Er kann dann seinerseits mit Schulz sprechen. Ich hatte auch schon mal daran gedacht. Doch von hier aus kann oder läßt sich schlecht was machen. Was Du mir wegen den Heiermann schreibst, kann man hier jeden Tag erleben. Ich bin auch in der Sache anderer Meinung. Für einen werden sollenden Offizier wird immer wenigstens das Einjährige vorausgesetzt. Nur durch besondere Umstände kann einer auch mal das Glück haben. Fitz [= Fritz?] dem stände das eigentlich doch schon eher zu.
Paketchen schickst Du mir reichlich genug. So große Ansprüche wie Ra mache ich nicht. Gestern Nachmittag habe ich mich mit meiner neuen Würde abnehmen lassen, Dienstag soll ich die Bilder haben. Speckenbach, der sich auch abnehmen ließ, will sie holen und mir dann in Stellung bringen. Die Sache mit Funke wäre dann geregelt. Betreffs dem Schuppen kann ich noch zu keinem Entschluß kommen. Ich werde mich mit Ra. nachmal darüber benehmen, auch an Busse vielleicht mal schreiben. An den Kosten ist nun einmal nichts zu ändern. Es ist gut, daß Ra auch mal lernt, was heißt preußischer Soldat zu sein. Klagen war ja schon immer seine leichte Seite. Auf die Bauverein Zinsen werden wir wohl nicht verzichten, es sind zwar nur 12 M im Ganzen, zur Hälfte 6 M. Hoffentlich bist Du jetzt wieder [ein Wort scheint zu fehlen = gesund?].
Meine Dienste habe ich Dir bereits schon berichtet in einem Briefe, den ich Dir kurz nach meiner Beförderung schrieb. Ich habe manche Erleichterung, allerdings auch mehr Verantwortung, besonders dann wenn es zu offenem Gefecht kommen sollte. Otto Trimpop wird dann ja auch bald mal in Urlaub kommen, ich habe lange nichts mehr von ihm gehört. Die Kartoffeln sind dann aber richtig teuer. Ich glaube auch, daß Du mit meinen Briefen jetzt zufrieden sein kannst, schreibe doch auch ausnahmsweise Tag für Tag. Heute Morgen hatten wir von 6 – ½ 12 Uhr exerzieren. Es war Besichtigung durch den Brigadegeneral. Heute Nachmittag war Appell [sic[, von dem ich vor einer halben Stunde zurückkehrte. Anschließend war Postempfang. Jetzt ist es gleich 7 Uhr. Ich bekam 1 Karte von Elly, Raab und Wendels. Ein Paketchen mit 10 Cygarren von Wendels und 2 Pakete von Muhle, eines mit Käse und Cygarren und Pfefferminz, und eines mit Butter (Mag). Allerhand was? Jetzt will ich die Post auch noch eben beantworten. Morgen um 10 Uhr Gottesdienst. Ich muß die ev. Mannschaften hinführen. Nachmittags noch 1 Appell und Comp. Einteilung. Heute Abend nach 9 Uhr ist Deutsch Bier trinken (pro Mann 1 Lit) im Soldatenheim hier. Es sind dies erübrigte Kantinengelder. Nun für heute genug. Morgen, Sonntag, so Gott will mehr.
Gruß und Kuß für unsere l. Kinder. Besonders grüßt und küßt Dich Dein Ernst.
Grüße an Elly, Remscheids, Klara!


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