Butter macht nur alles voll Flecken

Meine liebe Lydia!
Gestern Abend von Euch keine Post erhalten, nur die einliegende Karte. Viel Neues weiß ich nicht. Heute morgen haben wir eine Stunde exerzieren gehabt und Nachmittags sind noch 2 Appells [sic]. So vier Tage das lohnt sich soeben. Es heißt heute Abend sei Gottesdienst, bestimmt ist es noch nicht. Von unserem Ersatz (früheren Comp. 30) sind gestern Nachmittag 2 weitere Kameraden, jetzt sind es im ganzen neun, mit militärischen Ehren zur letzten Ruhe gebettet worden. Beide waren Familienväter, und Vater von 4 Kindern. War vorhin nah mit Speckenbach und 2 Unteroffizieren aus unserer früheren 1 Comp. zusammen. Haben da so allerhand vergangene und gegenwärtige Dinge besprochen. Der Untfz. Eicken von Spielwigge, auch frühere 1 Comp., ist durch Beinschuß verwundet. Habe ich Dir schon geschrieben, daß wir wahrscheinlich zum 28ten wieder nach Menin kommen. Es ist aber gut. Dann kann ich auch mal wieder die Wäsche wechseln. Das ist das letzte Mal auch dort geschehen. Hier bietet sich keine Gelegenheit dazu. Man kann nicht waschen lassen. Es selbst zu tun geht auch nicht. Ein Taschentuch geht wohl an. Die Unterhose scheint gut zu sein. Habe diese direkt in Stellung angehabt, dagegen die Weste nicht. Ist schon an allen Ecken durchgeschlissen und wird auch nicht wasserdicht sein. Aber eine andere schicke nicht. Es wird doch hoffentlich jeden Tag wärmer und günstigeres Wetter. Wenn Du mir wieder Butter schickst, nimm die große Aluminiumdose oder eine andere Blechdose und verpacke sie darin. Du mußt denken, ich muß die Butter in den Tornister packen. Der ist so pickevoll, und dann wird meistens die Butter ganz zerdrückt, oder macht nur alles voll Flecken. Das Papier löst sich dann dabei ab. Auch kannst Du bei einem der nächsten Pakete Kerzen beilegen. Soeben wird angesagt: der Apell für heute Nachmittag fällt aus. Allgemeine Freude. Aber die Sachen dafür sind doch in Ordnung. So kommt es manchmal. Kirchgang ist also um 515 heute Abend, Für die ev. Mannschaften und um dieselbe Zeit morgen Abend. In dem beiliegenden Zeitungsausschnitt1 findest Du meinen Namen. Unser Feldwebel überreichte ihn mir. Ist aus Barmen. Hatten die Rahmeder keine Verwandten dort? Oder wo wohnten die, die vormals in den Erbschaftsangelegenheit mitspielten? An die Isenburgs und Mühlen habe ich noch nicht geschrieben. Ich meine, die kümmern sich so wenig um Dich und mich, daß ich gar nicht dazu verpflichtet wäre. Oder was hältst Du davon? – Gestern Abend habe ich noch an Raabs geschrieben, auch die bekannte Angelegenheit berührt. Wahrscheinlich wird Dir Raab auch darüber berichten. Ich hoffe, daß Raab nicht gezogen wird, sonst wäre vorher noch allerhand zu regeln. An Elly und Hugo, will ich auch noch mal eine Karte schreiben, als Erwiderung auf die vielen Grüße. Dann auch noch 1 Kärtchen an Deinen alten Vater, der mich gewiß mal gern etwas hört. Herzl. Gruß und Kuß, Dein Ernst.
[Am Rande] Soeben eine Tasse Tee gehabt, ein Landwehrmann von der früheren unseren reichte ihn mir. Tasse ist nicht richtig. Muß heißen Trinkbecher. So wird gegenseitig ausgeholfen. Was der eine hat, gehört auch den anderen, besonders trifft dies auf die früheren 30er zu. Grüße auch die l. Kinder!
Heute Mittag bekamen wir aus der Feldküche Reis mit Rindfleisch und Mischobst (Feigen, getrocknete Apfelringe und Pflaumen). Wie Du siehst, gar nicht so schlecht, so nahe hinter der Front. Die Regimentsmusik spielt auch wieder, lustige Weisen. Man hat, resp. ich habe doch nicht sehr viel dafür übrig, die Gedanken gehen weiter: Wäre einmal Schluß und Frieden.
Jetzt will ich gleichmal die Hagener Zeitung studieren, die Ihr mir geschickt. Bin noch nicht weit gekommen. Heute gute Zeit dazu. Hast Du eigentlich das Gedichtchen, welches einem Briefe beigelegt hatte, nicht bekommen?
Heute Abend werde ich auch wohl etwas Post bekommen von dort, das Sehnen ist hier wie dort. Könntest Du alle die glücklichen Gesichter denn sehen?
Nun ist der Bogen doch voll, von buntem Allerlei. Morgen so Gott will, morgen mehr. Nochmal herzliche Grüße und tausend Küsse für Dich Allerbeste, Dein Ernst.
Grüße auch Remscheids und Raabs!


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