auf dem Tische einen Blumenstrauß

Meine liebe Lydia!

Gestern erhielt ich Deinen Brief vom 24 cr und eine Karte von Lisettchen in Wiblingwerde. Es ist gut, daß O. Urlaub bekommen hat. Ich denke, er wird noch manches regeln können. Aber mit seinem Nachurlaub wird es ihm wohl gehen, wie mir seinerzeit. Ich werde nun auch wohl näheres von ihm hören. Aber den Zement und die Eisen hätte er besser an Enders verkauft. Ersterer geht doch, wenn er längere Zeit liegen bleibt, kaput. Die Schuppenangelegenheit wird dann auch wohl auf eine oder die andere Art gelöst werden. Ich denke doch, daß ich das Briefchen bei dem Cognakfläschchen gefunden habe, kann mich allerdings nicht so genau entsinnen, da es schon ziemlich zurück liegt. Daß Otto Tr in Urlaub war, hast Du mir schon berichtet. Ich meine, wir haben in den Tagen des Urlaubs auch gar keinen Anschluß an andere gewollt, ich gönne ihm die zugedachten Ehre von Herzen. Im übrigen sind Meyer und ich noch nie so ganz intim gewesen und da hat auch der Krieg wenig, wie Du sagst, dran ändern können. Besser wäre es gewesen, Du hättest gar keine Äußerung dazu gemacht, aber schaden kann es auch keinen tun. Die Aufstellung der Sozietät kann ich ja nicht machen, es sind ja einige Neuaufnahmen da. Oder wir müßten das Formular nach hier schicken und auch die letzten Seiten aus dem Notizbuche reißen und mitschicken über die Aufnahmen, die nach dem 1.Juli gemacht sind. 10 M werden doch noch wohl zusammen kommen. Das Muster [?] zu Deinem Kleide fand ich vor. Meine Kameraden freuten sich ordentlich darüber und meinten, daß [sic] würdest Du gewiß anziehen wollen, wenn ich in Urlaub mal käme. Kann ja auch möglich sein, was? Alle anderen Fragen habe ich wohl schon durch meine früheren Briefe beantwortet. Bin ich jetzt nicht fleißig mit Schreiben? Ob wohl noch ein Rahmeder soviel Briefe schreibt wie ich? Ich glaube es nicht, und Du auch nicht.
Hier ist noch soweit alles unverändert. Der Tag und auch die Nacht verliefen sehr ruhig. Und es scheint Gottes Wille zu sein, daß wir diesesmal mal ohne Verluste davon kommen sollten. Doch soll man den Tag nicht vor dem Abend loben. Doch fällt mir ein, gestern Abend hatten wir einen leicht Verwundeten und gestern morgen einen durch eigene Schuld. Heute sind wir voraussichtlich den letzten Tag in vorderer Linie, wo wir morgen hinkommen, ist noch unbestimmt. Diese Nacht habe ich revidiert von 9 – 12 Uhr, dann geschlafen bis um 9 Uhr diesen Morgen. Den üblichen Gang durch den Graben gemacht und so ist es 11 Uhr geworden. Kaffee habe ich aber auch schon getrunken. Mehl schicke zum Kaffee keines mehr, ich kann genug von der Küche geliefert bekommen, ebenfalls Zucker. Es ist ganz leicht am regnen. Habe mir meine Zeltbahn über meine Sitzgelegenheit gespannt, sonst will die Schrift verlaufen. Haben sogar vor mir auf dem Tische einen Blumenstrauß, bestehend aus Sonnenblumen und Arnikablumen. Stehen in einer Marmeladendose als Vase. Mein Bursche hatte die Freundlichkeit, mir diesen zu besorgen. Den habe ich nur aushülfsweise; er ist von Milspe zu Hause. Der richtige ist ja wie Dir bekannt nach Hause beurlaubt, heute den 10 Tag schon weg. Bald dürfte die 2. Rate fahren, die 3. Rate ist auch schon festgestellt. Schnickmann ist neulich um 1250 von Werwick gefahren und ist dann um 21 Uhr anderen Tages in Altena gewesen. Die Urlauber sind mittelst besonderem Zug morgens 630 von W. gefahren und dann um 11 Uhr abends, wie ich damals in Cöln gewesen. So nun Gott befohlen. Wenn möglich morgen mehr. Gruß an unsere Nachbarn. Gruß und Kuß, auch für unsere l. Beiden. Besonders grüßt und küßt Dich, allerbeste,
Dein Ernst


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