Am Knüppeldamm

Meine liebe Lydia!

An obiger Bezeichnung siehst Du, daß ich heute wieder in der alten Stellung bin. Die Comp. wurde von einer anderen Comp. des Regiments abgelöst. Gegen 6 Uhr diesen Morgen marschierten wir aus und sind dann vor einer guten halben Stunde hier eingetroffen. Haben dann wieder Besitz von den bekannten Wohnungen genommen. Es ist jetzt gleich 11 Uhr. Soeben habe ich das zweite Frühstück eingenommen, es gab Tee, mit Brot, welches mit Schinken belegt. Den Morgenkaffee hatte ich schon um 5 Uhr im alten Quartier eingenommen. Gestern Nachmittag habe ich meinen Anzug gewechselt. Es gab Rock und Hose, Halsbinden etc. Ich habe bekommen: hellgraue Manchesterhose, Feldgrauen Rock und Halsbinde. Alles tipy topy. Der Anzug wäre gerade so recht gewesen für eine Urlaubsreise zu Pfingsten nach Dir. Aber – Heute, d.h. vor Kurzem, hatten wir Besuch durch unsern Feldgeistlichen. Er suchte die einzelnen Leute in den Unterständen auf, sprach einige zu beherzigende Worte und überreichte jedem dabei ein Traktat: Grüße aus der Heimat. Gestern Nachmittag hatten wir noch 2 mal Postempfang. Ich bekam ziemlich Post. Deine Briefe vom 13. u. 14.5, Egons Brief, von Reins eine Karte und Ida Wilke aus V. Außerdem dein Paketchen mit Cygarren. Vom Kriegerverein 1 ȹ Schinken und auch 20 Cygarren. Bin also, wie Du siehst in letzter Zeit sehr gut mit Cygarren versorgt worden. Meinen Dank auch noch. Nun zu Deinen Briefen. Ihr habt dann dort aber doch noch kalte Nächte gehabt. Jetzt muß doch auch dort alles kräftig grünen und blühen. Also hat es mit R. Urlaub doch dort gegeben. Er mag wohl auf keine gute Aufnahme gefaßt gewesen sein, daß er seinen Besuch verzögerte. Eine Aussprache zwischen Euch könnte nicht schaden, nur nicht zu heftig, daß eine Zusammenarbeit später möglich ist. Denn einer ist einmal auf den andern angewiesen. Hoffentlich entschließt er sich in der bekannten Sache, so oder so in bestimmten Formen. Das Paket hat aber lange Zeit gebraucht. Das andere wird dann auch wohl den Weg noch finden. Mit Dr. Hofmann wird die Sache wohl nun ins Reine kommen. Er wird die Sache wohl deichseln. Bei H. Meyer spielt auch der Conkurrenzneid wohl eine große Rolle noch, sonst hätte er seinen Versprechungen besser nach kommen können. Denn soll es mich wundern, ob Hugos Reklamationsgesuch Erfolg hat. Uebrigens brauchten Remscheids um den Wiesenmietbetrag nicht zu bangen; die sind auch wirklich recht großzügig. An den Himmelfahrtstag im vergangenen Jahr erinnere ich mich noch zu gut. Pfingsten werde ich auch wohl im Schützengraben sein. Auf Höhe 60 sind wir nicht weiter vorangekommen, es wird nur die alte Stellung gehalten. Das eroberte Gelände liegt noch rechts davon. Pfingsten wirst Du dann wohl in Hohenlimburg zubringen. Egon scheint seine Noten doch zu verbessern. Erich Litn [?] ist dann aber schnell wieder aus dem Schützengraben herausgekommen. Hoffentlich ist die Sache nicht allzu schlimm. Die eine Hälfte des Briefbogens werde ich bestimmungsgemäß demnächst verwenden. Für heute weiß ich allerdings nichts mehr. Wünsche Euch allen noch frohe und gesegnete Pfingsten. Wenn möglich morgen mehr. Grüße unsere l. Beiden. Vor allem sei Du herzlichst gegrüßt und geküßt von Deinem
Ernst
Jetzt will ich noch an den Kriegerverein schreiben, auch Ida Wilke eine Karte, ebenso eine an Petri.


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